Kein Tempo 30 auf den Hauptverkehrsstraßen

18. Januar 2017 22:00 Uhr von Gemeinderat

Soweit man die Äußerungen des Oberbürgermeisters ernst nimmt, soll die Geschwindigkeit auf wichtigen Hauptverkehrsstraßen unserer Stadt auf 30 km/h reduziert werden. Quasi als „Allheilmittel“ gegen die Überschreitung von Lärmwerten wird in einem von der Stadt beauftragten Gutachten die Ausweisung von Tempo 30-Zonen u. a. in der Burgstraße, Schlichtener Straße, Uhlandstraße, Göppinger Straße, Gmünder Straße, Grabenstraße und Waiblinger Straße empfohlen.

Hierbei wird jedoch verkannt, dass die Hauptverkehrsstraßen in Schorndorf – insbesondere aus Gründen des Umweltschutzes, einer effektiven Verkehrsplanung und der Wirtschaftsförderung – eine wichtige Bündelungsfunktion haben. So dienen sie der Entlastung sensibler Wohngebiete, der Umfahrung der Innenstadt und dem reibungslosen Zu- und Abfluss zu innerörtlichen Wirtschaftsstandorten. Sinkt die Attraktivität dieser leistungsfähigen Hauptachsen durch die Ausweisung von Tempo 30 Zonen, ist mit einer Vielzahl negativer Folgen zu rechnen, die gegenüber dem Einzelbelang des Lärmschutzes deutlich schwerer wiegen.

Ob Tempo 30 überhaupt den gewünschten Effekt der Lärmreduzierung bewirkt, ist ohnehin zweifelhaft. Da der Verkehrslärm maßgeblich durch die Drehzahl verursacht wird, unterscheidet sich das Motorengeräusch im 3. Gang bei Tempo 30 nur unerheblich von dem Geräusch bei Tempo 50 im 4. Gang. Hohe Drehzahlen treten im Übrigen wesentlich häufiger beim Beschleunigen in niedrigen Gangstufen, d. h. bei niedriger Geschwindigkeit, auf. Daneben übertönt das Reifengeräusch als zusätzliche Lärmquelle das Motorengeräusch regelmäßig erst ab Geschwindigkeiten über 50 km/h. Bedenkt man zudem, dass eine Geschwindigkeitsreduzierung von 50 auf 30 km/h nach einer Studie der Landesanstalt für Umwelt zu einer Erhöhung der Schadstoff- und Feinstaubbelastung führen kann, besteht die Gefahr einer negativen Umweltbilanz.

Nicht überzeugend ist bei genauer Betrachtung auch das immer wieder bemühte Argument der Verkehrssicherheit. Mehrere Studien belegen, dass Tempo 30 im Vergleich zu Tempo 50 auf Hauptverkehrsstraßen zu keiner signifikanten Verbesserung der Verkehrssicherheit führt, da Unfälle meist nicht auf „freier Strecke“, sondern gehäuft an sog. Knotenpunkten – d. h an Kreuzungen, Einmündungen und Ampelanlagen – geschehen, an denen ohnehin langsamer gefahren wird. Ein innerörtlicher Unfallschwerpunkt beruht regelmäßig nicht auf einer ausgewiesenen Geschwindigkeit von 50 km/h, sondern auf einer Vielzahl anderer Faktoren (Verkehrsmenge, Verkehrsfluss, Anzahl der Fahrspuren, Vorfahrtsregelungen, Abstand etc.).

Nach § 3 Abs. 1 StVO ist die Geschwindigkeit den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen anzupassen. Wie in einem liberalen Rechtstaat üblich, überlässt der Verordnungsgeber seinen Bürgern somit bewusst ein gewisses Maß an Eigenverantwortung. Demgegenüber würde die vom OB beabsichtigte Geschwindigkeitsreduzierung auf den Hauptachsen unserer Stadt zu einer ökologisch verbrämten Gängelung und Bevormundung mündiger Bürger führen. Hiergegen ist Widerstand angesagt!

Dr. Max Klinger, Stadtrat

 

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